Stimmen

Erst beginnst du dein Kapitel über Waschsalons mit einem Satz über zufällige Begegnungen in der Großstadt und romantische Liebe undsoweiter und man wartet schon ganz gespannt darauf, was jetzt kommen wird, und dann folgt daraus wieder keine Geschichte, sondern letztendlich passiert überhaupt nichts, hält mir eine der Leserstimmen vor.

Eine zweite Stimme räuspert sich vernehmlich, fügt hinzu : Tja, es gibt eben offenbar auch eine Literatur, die sich eher mit dem beschäftigt, was nicht passiert, als mit dem was geschieht. . .

Ich aber denke an Beckett und Pessoa, an Proust, Thomas Mann und bin schon im Begriff, eine Lanze zu brechen für eine Literatur, die tatsächlich auch das, jenes Nebeneinander von Ereignissen und Versäumten, von Geschehnissen und von Ungeschehen gebliebenem aufgreift, das in jeder Geschichte und in jedem Leben existiert, eine Literatur, die vom Warten erzählt und den hundert Möglichkeiten des Tages, von denen eine dann schließlich Wirklichkeit wird, und mitunter noch nicht einmal diese, als ich von einer dritten Stimme unterbrochen werde:

Wieso, die Geschichte von der Waschmaschine ohne Waschpulver, Wasser und Strom war doch ganz amüsant. . .

Eine weitere Stimme kommt hinzu: Mir hat vor allen Dingen der letzte Abschnitt mit dem Mann, der im Waschsalon wohnt, gefallen.

Ja mir auch, bloß für meinen Geschmack hättest du gerade diesen Teil der Geschichte wiederum etwas ausführlicher erzählen können. . .

Also ich hätte mir das gesamte Kapitel eher ein wenig knapper und kürzer gewünscht, widerspricht eine weitere Stimme, und vielleicht, denke ich, sollte ich den Text in einer späteren Fassung tatsächlich anders ordnen und schneiden und die einzelnen Passagen eher einzeln und verstreut in den Zusammenhang der Erzählung einfügen.

Später. . .

Im Moment aber suche ich den geeigneten Punkt, den Beginn, um die angefangene Geschichte mit Carolin und den Anderen aus der Gruppe wieder aufzugreifen und dort fortzufahren. . .

Eines aber möchte ich zuvor noch erzählen: Gestern erst war ich wieder zum Waschen im Waschsalon in der Warschauer Straße und wie immer wenn ich dort bin habe ich auch die Zettel an der Pinwand am Eingang gelesen.

Auf einem davon fand ich nachfolgenden Text:

Ich suche einen Untermietraum incl. wenig Strom/ Wasser u. Küchen/ Badbenutzung
zum insgesamten Preis von 110 Euro/ Monat und möchte keine Vermieter der Sternzeichen Löwe,
Widder, Krebs, Wassermann, Schütze, Zwilling bzw. Skorpion als Sternzeichen haben.
Bitte keine SMS und Anrufer ohne Telefonnummer. . .

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