Zweiter Teil

Mit der Wirklichkeit des real existierenden Sozialismus im anderen Teil Deutschlands konfrontiert hatten die Studentenbewegung der 68er oder aber die nach ihr entstehenden linken Strömungen in den Siebziger Jahren kaum eine reale Chance gehabt, die Bevölkerungsmehrheit in West-Deutschland und in West-Berlin für die eigenen Zielsetzungen zu gewinnen.

Angesichts einer Deutschen Demokratischen Republik, die eine weitere massive Abwanderung der eigenen Bevölkerung nur durch die Schaffung einer innerdeutschen Grenze mit Stacheldraht, Minenfeldern und Selbstschuss-Anlagen, zu verrhindern gewust hatte, einer Mauer mit Wachttürmen und Todesstreifen in Berlin, die eine Flucht in den Westteil der Stadt nunmehr nahezu unmöglich gemacht hatte, schien das sozialistische Gesellschaftsmodell in den Augen der Meisten offenkundig gescheitert zu sein.

Doch es waren es nicht alleine die autoritäre Herrschaft von Staat und Partei gewesen, nicht die fehlende Freizügigkeit und die stark eingeschränkte persönliche Freiheit des Einzelnen, die Verfolgung von Andersdenkenden und die Existenz einer allgegenwärtigen Staatssicherheit, die die Perspektive der Menschen im Westen auf jene DDR bestimmt hatten, sondern nicht zuletzt auch der geringere Lebensstandard dort.

Denn zwischen Ost und West hatte sich in den Jahren des Kalten Krieges auch ein immer weiter aufklaffendes Wohlstandsgefälle heraus gebildet.

Westpakete mit Kaffee, Schokolade, mit West-Zigaretten und mit anderen in der DDR raren und nur schwer erhältlichen Waren waren geschnürt und zu Weihnachten und Ostern den bedauernswerten Verwandten im Osten geschickt worden, bei denen es ja drüben nichts gab.

Die westdeutsche D-Mark aber war in der DDR zu einem begehrten Tauschmittel geworden, einer heimlichen Zweitwährung, die den Zugang und Weg zu sonst unerreichbaren Gütern eröffnete.

So hatten Vorstellungen von Unterversorgung und Mangel, hatten Bilder von Menschen, die in langen Schlangen vor Geschäften selbst nach einfachen Artikeln des täglichen Bedarfes anstehen mussten, Dingen, die im Westen in der Folge des Wirtschaftswunders mittlerweile ganz selbstverständlich und jederzeit allen Ortes verfügbar waren, die Wahrnehmung des Ostens im Westen vielleicht mehr geprägt und zugleich dabei seine Unterlegenheit gegenüber dem eigenen System symbolisiert als jene innerdeutsche Grenze und die Mauer in Berlin. . .

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