Eine Liebesgeschichte in Kreuzberg

Hermann arbeitet als Entsorgungsfahrer in Berlin. Seine tägliche Arbeit, das Absaugen von Miet-WCs auf den Baustellen, die er mit seinem Tankwagen anfährt, ist von vielerlei Demütigungen und Schikanen begleitet, von Schmähungen und Spott. Nur die Mittagspausen, die Hermann stets im gleichen Imbiß verbringt, bilden einen Lichtblick für ihn. Dort arbeitet Lena, eine russische Imbißverkäuferin, zu der Hermann sich insgeheim hingezogen fühlt. Während Lenas Bild Hermanns nächtliche Phantasien ausfüllt, wechselt er in der Wirklichkeit jedoch meist nur wenige Worte mit ihr. Zu groß ist seine Angst davor abgewiesen zu werden, zu tief sitzen Scheu und Mißtrauen in ihm, Verbitterung und Enttäuschung. Er ahnt nicht, daß auch sie eine heimliche Zuneigung für ihn empfindet . . .

Hermann ist Ende dreißig und lebt seit vielen Jahren allein in seiner Wohnung in Kreuzberg. Die alltäglichen Anfeindungen, denen er bei der Arbeit ausgesetzt ist, lassen ihn scheinbar unberührt. Doch die äußere Gleichgültigkeit und Geduld, mit der Hermann darauf reagiert, ist in Wirklichkeit durchlässig. Während Hermann sich nüchtern, abgeklärt gibt, verbirgt sich unterhalb seiner scheinbaren Unverwundbarkeit ein sensibler Charakter, schlummern insgeheim Sehnsüchte, Träume in ihm.

Am Beginn des Films sieht man Hermann am Steuer seines Tankwagens. Hermann trägt ein olivfarbenes Bundeswehrhemd und dazu eine Sonnenbrille mit verspiegelten Gläsern. Erst als Hermann an einer Straßenkreuzung abbiegen muß, ist zu erkennen, um was für eine Art von Fahrzeug es sich bei seinem Wagen handelt.

Hermann fährt durch ein offenes Tor auf eine Baustelle. Er steigt aus, rollt den schweren Schlauch seines Tankwagens aus und zieht ihn bis zur Stelle, an der sich die Toiletten befinden. Der mit einem Mal aufsteigende üble Geruch, der sich rasch über die gesamte Baustelle hin ausbreitet, läßt Uwe, einen stämmigen jungen Maurer, von seiner Arbeit aufsehen. Er verzieht angewidert die Nase: “Mensch, was stinkt denn hier so?”

Auch die anderen Bauarbeiter, die sich gerade in der Nähe befinden, halten bei ihrer Arbeit inne. Uwe stemmt die Fäuste in die Seite und blickt Hermann, der sich gerade an seinem Schlauch zu schaffen macht, mißbilligend an: “Sag mal schämst du dich eigentlich nicht?” fragt er ihn, und als Hermann darauf nichts erwidert: “Sag, was bist du bloß für ein Mensch?”

Schweigend, nur ein wenig geduckt und mit angezogenen Schultern, setzt Hermann seine Arbeit fort. Bevor Uwe sich wieder trollt, rümpft er noch einmal angeekelt die Nase und speit aus. “Ist ja widerlich, Mann, nee, also wirklich . . . “.

Um den Mittag herum steuert Hermann eine Imbißbude an, in der er seine täglichen Mittagspausen verbringt. Dort arbeitet Lena, eine rusische Imbißverkäuferin, zu der Hermann sich insgeheim hingezogen fühlt, ohne daß er sich jedoch ihr zu nähern wagt. Zu groß ist seine Scheu, seine Angst vor Enttäuschungen, zu tief sitzen Mißtrauen und Verbitterung in ihm.

Lena ist gerade beim Kassieren, als Hermann den Imbiß betritt. Als sie Hermann entdeckt, erscheint ein Lächeln des Wiedererkennens auf ihrem Gesicht: “Hallo, Hermann”, sagt Lena mit leichtem Akzent. “Und was darfs heute sein?” fragt sie, “So wie immer? ” Hermann nickt. “Viel zu tun heute?”, fragt er sie.

Lena lächelt und zuckt mit den Achseln: “Immer viel zu tun. Und bei Dir?” Hermann gibt sich gelassen, es sei alles im grünen Bereich. Lena reicht ihm sein Essen, eine Curry-Boulette mit Pommes, und einen Kaffee. Er bezahlt. Und als Lena ihm das Wechselgeld geben will lehnt er etwas gönnerhaft ab: “Nee, nee Kindchen laß mal gut sein . . .”

Lena lebt wie Hermann allein. Nach einer unglücklich verlaufenen Ehe und der Trennung von ihrem Mann hat die Dreißigjährige Russland verlassen. Doch Lenas Hoffnungen, ihr Traum von einem besseren Leben in Deutschland, haben sich nicht erfüllt. Ohne gültige Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis arbeitet sie an sechs Tagen in der Woche schwarz und den größten Teil ihres schmalen Lohnes muß sie für die monatliche Zimmermiete abführen.

Da sie jederzeit damit rechnen muß, entdeckt und danach abgeschoben zu werden, lebt sie in einem Zustand der Ungewißheit, einem zwangsläufigen Provisorium. Und so liegt denn auch der Gedanke daran, eine Bindung mit einem Mann einzugehen in weiter Ferne für sie, obwohl sie ebenfalls eine heimliche Zuneigung für Hermann empfindet . . .

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