Der Morgen danach – Fortsetzung

Nichts also hatte sich in jener Nacht noch ereignet. Dennoch war irgendetwas geschehen. Denn am kommenden Morgen hatten wir uns verwandelt.

Die Welt schien auf trügerische Art und Weise die gleiche zu sein wie am Vortag. Und war doch eine andere. Und auch wir, Carolin und ich selbst, waren andere geworden.

Carolin musste bereits eine Weile vor mir wach geworden sein, denn als ich aufgewacht war, war sie schon angezogen und gerade damit beschäftigt gewesen, den Kachelofen, der das Zimmer beheizte, zu schüren und mit neuen Briketts zu versorgen.

Blinzelnd hatte ich aus der Helligkeit, aus dem Tageslicht, das von draußen herein drang, auf die mögliche Uhrzeit zu schließen versucht.

Habe ich dich geweckt?“, hatte Carolin mich gefragt.“Wie spät ist es denn jetzt?“ “Gleich zwölf. Du kannst ruhig noch weiter schlafen.“

Ich aber hatte mir die Augen gerieben, und war kurz darauf ebenfalls aufgestanden.

Aus dem Bad kommend hatte ich das Klappern und Klirren von Besteck und Geschirr vernommen und als ich gleich darauf in der Küche stand, war der Tisch für uns schon gedeckt.

Ich war unten beim türkischen Bäcker“, hatte Carolin gesagt und sie hatte dort, wie ich sah, Mandelhörnchen gekauft und frisches Weißbrot.

Dazu hatte sie Obst auf den Tisch gestellt, einen Teller mit frisch aufgeschnittenen Tomaten, Butter, Honig und Marmelade, Schafskäse und Oliven und dazu auch noch eine Tafel Schokolade. „Setz dich doch, ich bin gleich so weit. Magst du auch einen Milchkaffee? “

Von meinem Platz aus hatte ich Carolin beobachtet, die den Rücken zu mir gewandt am Herd stand, und die kochende Milch mit dem Schneebesen rührend auf schäumen ließ.

Doch gerade dies, jene Selbstverständlichkeit und Alltäglichkeit mit der Carolin dort hantierte, schien mir seltsamer Weise ein Ausdruck zu sein, ein Beweis eben jener Verwandlung, deren Ursprung und Ausgangspunkt Carolin war.

Und als hätte sie eben jenen Gedanken erraten, jene letzten noch vorhandenen Zweifel in mir zu zerstreuen versucht, hatte Carolin mich angesehen und gelächelt, als sie mir wenig später am Tisch gegenüber saß.

Und das Glück und die Ratlosigkeit, die ich in diesem Augenblick gleichermaßen empfand, ob nun unbewusst oder aber mit Absicht, wie ich einen Moment lang argwöhnte, noch vertiefend, hatte Carolin eine von den runden und großen Orangen vor mir in die Hand genommen und geschält, in zwei Hälften zerteilt: „Hier. Möchtest du?“

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