Noch im gleichen Jahr 1984 hatte ich während eines Aufenthalts in New York in der dort von mir wahrgenommenen Widersprüchlichkeit und Beschleunigung des gesamten Alltags eine Vision des Künftigen zu erkennen geglaubt: ein Szenario, eine mögliche Vorwegnahme eines so oder aber in ähnlicher Weise vielleicht auf uns zu kommenden Lebens auch in West-Europa, in Berlin.
Auf der Bowery hatte ich Angestellte und Geschäftsleute mit Anzug und Krawatte und mit Aktentaschen in den Händen gesehen, die vollkommen gleichgültig und unbeirrt über die vor ihnen auf dem Bürgersteig liegenden Körper der Obdachlosen hinweg gestiegen waren.
Am Union-Square hatte ein Mann mit über gezogener Strumpfmaske auf dem Bahnsteig des U-Bahnhofes neben mir auf der Bank Platz genommen.
In den Straßen der Stadt hatten Menschen in riesigen durchsichtigen Plastiksäcken, die sie hinter sich her zogen, Getränkedosen gesammelt, für die es ganze 2 Cent Pfandgeld gab.
Vor einem eleganten Appartementhaus in der Nähe des Central Parks hatte indessen ein Bediensteter in Livree und mit Schirmmütze mit einer Reinigungsmaschine das Pflaster des Gehweges poliert. . .
Nicht allein in der Bronx sondern auch in Manhattan, inmitten des Stadtzentrums also von New York, hatte ich den Verfall ganzer Straßenzüge beobachtet, scheinbar aufgegebener Gegenden und Gebiete, in denen sich die Stadt wieder zurück zu entwickeln schien, und die quasi bereits außerhalb jeder wirklichen sozialen Kontrollle lagen.
Diese brach liegenden und sich selbst überlassenen urbanen Bereiche hatten mich damals unweigerlich an Berlin denken lassen, an das Südgelände, jenes seit der Zeit des Mauerbaus in Teilen stillgelegten und seitdem immer weiter verfallenden S-Bahn-Geländes im West-Teil der Stadt, mit seinen verlassenen Anlagen, Schienensträngen, Gebäuden und seinen längst von Bäumen und Sträuchern überwachsenen Gleisen. . .
In einem Buchladen im East-Village aber hatte ich ein Fanzine mit dem Titel Urban Primitives entdeckt und ich war darin auf die gleichen Zeichen, Bilder und Symbole gestoßen, die ich zuvor bereits in den Straßen der Stadt gesehen hatte, an den Mauern von Parkhäusern, Lagerhallen und Fabrikgebäuden. . .