Immer radikal, niemals konsequent Teil 4

Anfangs noch als studentische Initiative und politische Hochschulgruppe gegründet, hatte sich jener Autonome Arbeitskreis, zu dessen wöchentlichem Plenum in der Wrangelstraße Carolin mich mitgenommen hatte, in der Folgezeit immer mehr von seinen ursprünglichen Tätigkeitsfeldern zu entfernen begonnen.

Nach und nach hatten sich mit den Zielsetzungen auch die praktischen Aktivitäten der Gruppe aus den Grenzen der Gremienarbeit, aus den in sich kreisenden Flügelkämpfen, Diskussionen und Debatten eines hochschulinternen Studentenparlaments herausgelöst, dessen Abstimmungen und Beschlüsse keinerlei Relevanz, keinen messbaren Einfluss auf die Welt und die Wirklichkeit draußen hatten, sondern ausschließlich einen Schein von Bedeutung und von Mitbestimmung schufen.

Die eigentliche Aufgabe jener Gremien aber lag, wie man damals empfand, genau darin, ein Ventil für die Unzufriedenheit, den Protest der Studierenden zu schaffen, um diesen kanalisieren und in vorgegebene und geordnete Bahnen lenken zu können und im gleichen Zug eine Kaderschmiede neuer künftiger Generationen von Politikern zu schaffen, deren spätere Karrieren in Union, FDP, SPD oder aber den Grünen oftmals hier, in Studentenausschüssen- und Parlamenten, ihren Anfang nahmen.

Jene schrittweise vollzogene Abkehr von den ursprünglich hochschulpolitischen und studentischen Themen hin zu allgemeinen gesellschaftlichen Konflikten und Problemen aber hatte schließlich zu einer völligen Loslösung der Gruppe und ihrer Aktivitäten von der Universität geführt.

Zu jener Zeit, in der Carolin und dann wenig später auch ich zu der Gruppe gestoßen waren, war sie noch in verschiedenen Gremien, in den Fachschaften, im Studentenparlament und im Asta der Freien Universität aktiv gewesen.

Von ihren einstigen Initiatoren und Gründungsmitgliedern war indessen auch damals schon niemand mehr dabei gewesen.

Und mit ihnen war auch die einstige Losung der Gruppe verschwunden, jener zweifellos als ironische Reminiszenz an die bürgerlichen Glücksvorstellungen, Illusionen und Träume innerhalb der Gesellschaft gemeinte Slogan: Frauen, Geld und schnelle Autos.

Stattdessen war jener Satz auf Betreiben der Frauen innerhalb des Arbeitskreises, die darin keineswegs eine Form von humorvoller Anspielung gesehen hatten, sondern einzig und allein einen Ausdruck typisch patriarchal geprägter männlicher Phantasien, durch einen anderen ersetzt worden, eine ebenso knappe wie eingängliche Parole, die von nun auf den Flugschriften und Plakaten der Gruppe zu lesen war: Immer radikal, niemals konsequent!

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