Brennende Autos – Teil 5

Anders als von einigen ein paar Jahre zuvor noch geglaubt, hatte sich jene neu entstehende Mittelschicht indes keineswegs nur infolge eines wachsenden Zustroms von Außen gebildet, eines Zuzugs der “Reichen“ und “Yuppies“ nach Kreuzberg. Sie war ebenso das Ergebnis einer nach und nach sichtbar werdenden Entwicklung gewesen, eines Wandels, der sich innerhalb der vorhandenen Bevölkerung selbst zu vollziehen begonnen hatte.

Denn aus ehemaligen Hausbesetzern, aus Studenten, die am Anfang der 80er Jahre nach Kreuzberg gezogen waren, waren unterdessen auch Ärzte und Architekten geworden, Rechtsanwälte und Lehrer.

Dies war auch den damaligen Protagonisten von Klasse gegen Klasse nicht entgangen. Und so hatte man selbst einen klaren Trennstrich zu ziehen versucht zwischen sich und den anderen: einer “pseudoalternativen Mittelklasse“ und “Mittelschichtslinken“, die “nach ein paar wilden autonomen Jahren wieder in ihre Klasse zurückkehren.“

Demgegenüber hatte man das Bild einer proletarischen Klasse entworfen, die sich gleichermaßen aus Arbeitern, Arbeitslosen und Sozialhilfeempfängern zusammensetzte, aus Obdachlosen und Flüchtlingen, “aus der Mehrzahl der Heim- und Knastinsassen“ und all denjenigen “aus den Mittel-und Oberklassen, die sich bewusst und tatkräftig auf die Seite unserer Klasse stellen“, wie es in einem Positionspapier der Gruppe geheißen hatte.

Nicht dazu gehörten hingegen, so die Vorstellung, “Personen, die an sich nach vorangegangener Definition Teil der proletarischen Klasse sind, aber auf Grund schwerwiegender, antisozialer Vergehen sich selbst ausserhalb ihrer Klasse gestellt haben“, oder aber auch Vorarbeiter, Meister und Gewerkschaftsfunktionäre. . .

Eine Definition, die in ihrer gleichzeitigen Verengung und Vermischung ökonomischer, ideologischer und sozialer Merkmale dabei keineswegs unproblematisch gewesen war, und in welcher sich weniger das Ergebnis einer eingehenden Analyse der gesellschaftlichen Bedingungen widergespiegelt hatte als das eigene subkulturelle Verständnis, eine Suche nach Identität.

Und mit ihr jene uneingelöste Sehnsucht der politischen Linken nach Gemeinsamkeit und Verschmelzung mit der Arbeiterklasse. . .

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