Pass bloß auf, dass du dir dabei nicht die Finger verbrennst, wenn du über die Brandanschläge in Kreuzberg schreiben willst, rät mir eine der Leserstimmen verschwörerisch, im Moment sind die da glaube ich ziemlich scharf hinterher. . . Und wen meinst du mit “Die“? fragt im nächsten Moment eine zweite Stimme zweifelnd. . . Na wen wohl? . . .
Also darüber nachzudenken und zu schreiben wird, so denke ich mal, wohl noch erlaubt sein, wirft sogleich eine dritte Stimme ein, ich versteh nur nicht ganz den Zusammenhang mit der übrigen Geschichte. . .
Wieso das denn nicht? Der Zusammenhang liegt doch eigentlich ziemlich klar auf der Hand. Vorher ging es noch um die Wahrnehmung der Veränderungen im Wrangelkiez und jetzt um deren Ursachen und Gründe, um die gegenwärtige Situation. . . Schön, aber musss man denn dazu tatsächlich so weit ausholen. Außerdem wurde doch auch in letzter Zeit schon an anderer Stelle bereits mehr als genug über Gentrifizierung geschrieben. Oder auch zu den Anschlägen. . .
Ich bin eigentlich ganz gespannt darauf, gerade hier auch darüber zu lesen, sagt darauf eine vierte Stimme. Eine weitere stimmt ihr zu: Also, ich eigentlich auch. . .
Eine Pause entsteht.
Schließlich meldet sich eine neue Stimme zu Wort, wirkt dabei aufgebracht und erregt: Was ich überhaupt nicht verstehen kann, ist die Tatsache, dass bei dem immer wieder durch klingenden Verständnis für die Anschläge und Motive der Täter ganz vergessen wird, dass es sich dabei keineswegs nur um friedlichen Protest handelt, sondern um Gewalttaten. . .
Eine weitere Stimme kommt hinzu und erwidert ihr darauf: Soso. Und wenn man Menschen einfach aus ihren Wohnungen und ihren angestammten sozialen Strukturen vertreibt ist das in deinen Augen keine Gewalt. . . Na, das kann man ja wohl nicht so ganz miteinander vergleichen, erwidert die andere Stimme. Außerdem. . .
Der Hauptunterschied zwischen beidem, unterbricht sie an dieser Stelle die Stimme vom Anfang, liegt darin, dass die eine Form der Gewalt hierzulande strafbar ist, die andere dagegen ganz legal. Und dass sich hier die eine Form der Gewalt nur gegen Sachen wendet, gegen Autos, die andere aber gegen Menschen. . .
Außerdem, fährt die andere Stimme unbeirrt davon fort, was sind das eigentlich für soziale Strukturen, die ihr unbedingt schützen wollt und erhalten? War denn jemand von euch hier in letzter Zeit selber mal in Neukölln auf der Sonnenallee oder Hermannstraße und hat sich dort mal umgesehen? Gibt es dort etwa keine Gewalt in den Schulen, im Alltag, auf der Straße? . . .
Sicher gibt es dort eine Reihe sozialer Probleme. Aber man kann die vorhandenen Probleme nicht lösen, indem man die Menschen, die dort leben, einfach von dort verdrängt. . .
Nein, das kann man auch nicht, denke ich. Doch bevor ich dazu etwas sagen, selbst erwidern kann läuft die Diskussion bereits weiter. . .
Und es geht ja in Wirklichkeit dabei auch gar nicht darum, irgendwelche Probleme tatsächlich zu lösen, sondern letztendlich nur um soziale Befriedung. . . Eben. . . Und um Geld, Kapital, Investoreninteressen. . . Ganz genau. . .Vielleicht geht’s ja auch noch etwas plakativer. . . Was heißt hier plakativ?. . . Ist doch wahr, was die anderen hier sagen. . .
Welche anderen denn? fragt an diesem Punkt eine weitere Stimme, die sich bislang im Hintergrund gehalten hat.
Du meinst?
Ja. . .
Also alles das, unser ganzes Gespräch zuvor nur erfunden? Ja. . . Und auch wir beide, jetzt in diesem Moment? Ja. . . Und was sollen wir jetzt machen? Ich weiß nicht. . . Einfach weiter reden? Ja. . .