Der sogenannte Marsch durch die Institutionen, zu dem die 68er-Generation aufgebrochen war, war gescheitert. Denn nicht die Institutionen hatten sich dabei letzten Endes verändert, sondern nur die Marschierer, wie Peter-Paul Zahl in seinem Roman Die Glücklichen im Rückblick auf diese Zeit geschrieben hatte.
Der Versuch einer sanften Unterwanderung und einer grundlegenden Neuordnung der Gesellschaft von innen und aus ihren eigenen Strukturen heraus war fehlgeschlagen und die Visionäre und Aktivisten von einst waren dabei, so schien es, in ihren ursprünglichen Zielsetzungen und Konzepten schon allzu bald von der Wirklichkeit eingeholt worden.
Dort aber wo es in der Folgezeit, etwa im Zuge der Sexuellen Revolution, gelungen war, einen Teil jener überkommenen gesellschaftlichen Schranken und Tabus zu aufzuheben, hatte dies keineswegs zu einer fundamentalen Veränderung der sozialen und politischen Verhältnisse im Lande geführt, sondern allenfalls zu deren Modifizierung und Modernisierung.
Mittlerweile kann eine Frau an der Spitze der Bundesregierung und in anderen Schlüsselpositionen von Politik und Gesellschaft stehen und Politiker und Prominente bekennen sich in der Öffentlichkeit zu ihrer Homosexualität.
Vier Jahrzehnte nach der Kommune1 gibt es mittlerweile in nahezu jeder Seifenoper im Fernsehen auch eine Wohngemeinschaft.
Und Fidel Castro, Che Guevara und Marx machen in einem Fernsehspot gemeinsam Reklame für den neuen Renault…
Was also ist von der einstmals anvisierten radikalen Veränderung der Verhältnisse am Ende geblieben?
Hat jener damals versuchte Umbruch letztlich nur zu einer ohnehin bereits überfällig gewesenen Anpassung eines Überbaus der Gesellschaft geführt, zu einer, wenngleich ungewollten, Stabilisierung der bestehenden Ordnung?
Und hat seinerzeit damit also letztlich nichts anderes stattgefunden, als ein gesellschaftliches Update, unter dem die gleichen sozialen, ökonomischen und politischen Prozesse und Strukturen weiter fortbestanden und vielleicht sogar reibungsloser und effizienter funktionierten als zuvor?