Was aber war tatsächlich geschehen? War jener versuchte Marsch durch die Institutionen der 68er-Generation nicht bereits von Beginn an illusionär und zum Scheitern verurteilt gewesen?
Hatte damals eine wirkliche Chance des Gelingens bestanden und waren seine Protagonisten dabei womöglich nur vom Weg abgekommen? Oder hatte es einen solchen Weg nie gegeben?
Hatten sich die Marschierer nicht zwangsläufig in den Netzen von Sachzwängen, Hierarchien und Regeln verfangen müssen? Oder hatte es ihnen nur an Mut, Konsequenz und Entschlossenheit gemangelt, war es nur ihre Angst vor dem Wagnis gewesen, die sie allzu schnell und bereitwillig hatte Kompromisse schließen lassen.
Hatte sich mit dem ganzen Projekt damals tatsächlich eine ernsthafte Utopie verbunden und ein ernstgemeinter Versuch, die Dinge zu ändern ?
Oder hatte es sich schon von vorne herein nur um eine Art Rückzugsgefecht gehandelt, eine Selbsttäuschung, in der der eingeschlagene individuelle Weg der Anpassung an die bestehenden Verhältnisse eine positive Deutung bekam? Und in welcher sich materielle Sicherheit, Bequemlichkeit und gesellschaftliche Karriere zugleich mit einem fortschrittlichen und kritischen, revolutionären und zu nichts verpflichtendem Gestus verknüpfen ließen?
Hatte sich jene Generation aufgerieben an bestehenden Machtverhältnissen und Strukturen, an Niederlagen, Rückschlägen und Entäuschungen, war sie irgendwann unterwegs müde geworden und resigniert?
Oder hatte sie vielleicht nur ihren Frieden gesucht mit sich selbst und der Welt, mit den eigenen uneingelösten Vorhaben und Versprechen und sich gleichzeitig eine günstige Position zu verschaffen gesucht: Ein Vorankommen, einen sicheren Platz für sich selbst innerhalb einer herrschenden Ordnung und eines Gesellschaftssystems, das sie ursprünglich einmal hatte verändern wollen und zu dessen Bestandteil sie nun schließlich selbst geworden war?