Stimmen. . .

Und wann kommst du jetzt endlich mal auf den 1. Mai 87 zurück? fragt mich eine der Leserstimmen, eine zweite Stimme fällt ein, unterbricht, noch bevor ich die Chance habe zu antworten: Lass doch, mir gefällts, insbesondere die knappe Sprache, und ich finde, man kann sich so gut alles vorstellen, was in der Geschichte passiert, eine dritte Stimme kommt hinzu: Ja ich find das ja eigentlich auch total toll, was du schreibst, aber ist es nicht eigentlich viel zu schade, deine Sachen im Internet zu veröffentlichen . . .

Für die Anderen aber ist gerade das interessant, geht es vor allem anderen um das Neue des Mediums, um Interaktivität, Features, Applikationen. . .

Doch viel wichtiger und zentraler als die äußere Form und die Publikationswege, ob nun Internet oder Buch, wichtiger und entscheidender auch als die Fragen ob Autorinnen und Autoren nun mit Twitter arbeiten und die eigenen Texte dort veröffentlichen, oder sich bei der Arbeit von einer Webcam aufnehmen lassen, ist, so denke ich, letztlich immer noch, was geschrieben wird.

Damit sagst du uns jetzt eigentlich nichts wirklich Neues, sagen gleichen darauf alle Stimmen im Chor, dennoch halte ich daran fest: Inhalt ist und bleibt das zentrale Problem. . .

Immer wieder lese ich in Beschreibungen oder Überschriften von Texten im Internet Zeilen wie: Der alltägliche Wahnsinn oder Über den täglichen Wahnsinn, treffe ich bei meinen Wegen im Netz auf die Seiten von Menschen, die glauben, über eine wahnsinnig gewordene Welt zu berichten.

Eine solche Perspektive und Sicht auf die Gegenwart aber enthebt den Betrachter von der Mühe, die Wirklichkeit zu durchdringen. Sie ist letztendlich weich, komfortabel, bequem. Sie ummantelt uns sanft mit der Aura des Kritischen und entbindet uns dabei in wundersamer Weise zugleich von der Notwendigkeit einzugreifen oder irgendetwas am Lauf und Geschehen der Dinge zu ändern.

Denn in einer vollkommen verrückten Welt gibt es auch keinen wirklichen Ansatzpunkt um zu handeln. Also schauen wir einfach zu, aufmerksam und sensibel, empört.

Und schreiben . . .

Volker Braun hat irgendwann einmal gesagt, er würde schreiben, weil er das Leben nicht begreife und ich denke, auch jetzt, dass es in der Literatur genau darum gehen kann: um eine Wiederaneignung der Wirklichkeit, um Begreifen. Dazu wäre an dieser Stelle wohl noch manches zu sagen.

Doch schon mahnen die Stimmen des Chores mich sanft, mit der Arbeit am Roman fortzufahren: Ist ja richtig alles, aber wissen wir doch längst selbst. Und wie bist du jetzt eigentlich gerade darauf gekommen?

Und die ungeduldige Stimme vom Anfang drängt: Geht`s jetzt langsam mal weiter? Du verlierst so allmählich an Spannung. Also setze ich die begonnene Erzählung fort, kehre ich zurück zu jener Silvesternacht damals im Wedding, in der Carolin uns so leichtfertig vorausgeeilt war . . .

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