Irgendwann in den Nachwehen jenes Kreuzberger 1. Mai 1987, von dem später noch einmal, ich sagte es schon, die Rede sein wird- Irgendwann also war in einem der Folgejahre auch der sonst von den Auseinandersetzungen zwischen Polizei und der ihr gegenüberstehenden Menschenmenge meist nur wenig berührte Wrangelkiez kurze Zeit über dem Einfluss und Zugriffsbereich ordnungsschaffender Mächte entschwunden gewesen- wohl weil deren vielbeschäftigte Hüter in jener Nacht bereits anderweitig gebunden gewesen waren.
So aber hatte ein Geringes genügt, nur ein Weniges um ihrem Widerpart und damit jenem ungeordnet pulsierenden Leben darunter die Schleusen zu öffnen, wenn auch nur für kurze Zeit.
Was aber war geschehen?
Während anderswo in Kreuzberg, an den üblichen Brennpunkten jener Zeit -um den Heinrichplatz und Oranienplatz, den Mariannenplatz, die Wiener und die Skalitzer Straße und rings um das Kottbusser Tor herum also- die Straßenschlacht zwischen Demonstranten und Polizei auf und ab gewogt hatte und dabei wechselweise die eine oder andere Seite die Situation zu beherrschen schien, hatte eine Handvoll Vermummter in der Wrangelstraße die verschlossenen Metallgitter und Rolläden der Supermärkte, erst des Pennymarktes und danach auch des unweit nur davon entfernten Kaisers geöffnet, die Glasscheiben der Eingangstüren zerschlagen und sich gleich darauf wieder, ebenso unverhofft und so rasch wie sie aufgetaucht war, zurück gezogen.
Die Menschen draußen auf der Straße, Nachbarn, Anwohner und Passanten aber hatten ihnen dabei reglos und gebannt zu gesehen, ungläubig, erstaunt, während sich alles das direkt vor ihren Augen ereignete. Und sich gleichzeitig damit auch eine ungeheuere und bis dahin undenkbar gewesene Möglichkeit plötzlich vor ihnen auftat. . .
Ich erinnere mich noch daran, dass im ersten Moment danach nichts geschah und die Menschenmenge vor dem Kaisers einfach nur auf den offenen Eingang gestarrt hatte, die dahinter liegende und im Halbdunkel des Ladens mehr geahnte als tatsächlich gesehene Auswahl an Waren, die sich ihnen nun offen darbot, fern und doch greifbar nah.
So mag eine Minute vergangen sein oder aber auch anderthalb. Oder aber nur zwanzig Sekunden, wer kann das noch im Nachhinein mit Gewissheit sagen.
Nur ein einziger langer Moment und darin eine seltsame Leere und Stille.
Dann aber, aus dem Nichts heraus, war mit einem Male der Bann gebrochen gewesen. . .