Auf youtube sehe ich alte Videoaufnahmen vom Norbert-Kubat-Dreieck. Die Kamera schwenkt über selbst gebaute Hütten, Holztürme und Zelte.
Eine Einstellung zeigt die für die Presse aufgereihten etwa eintausend von der Polizei abgeschossenen Tränengasgranaten, deren ausgebrannte Kartuschen nach einem nächtlichen Polizeieinsatz gegen das Zeltdorf dort liegen geblieben sind.
Doch ein nicht unbeträchtlicher Teil jener Granaten war damals im Zuge der Auseinandersetzungen mit der Polizei von den Besetzerinnen und Besetzern bereits wieder aufgehoben und über die Absperrung des Geländes hinweg auf die andere Seite zurückgeworfen worden.
So könnte es möglicherweise statt der Tausend auch die doppelte Anzahl an Granaten gewesen sein, die in kurzer Zeit zwischen Zelten, Hütten und den Schutz suchenden Menschen niedergegangen waren und CS-Gas verströmt hatten, wer kann das schon sagen- auf einer Fläche übrigens, die kaum größer gewesen sein mochte als zwei Fußballfelder. . .
Auf den Bildern der Nacht sieht man hier die im Schutz eines Wasserwerfers heran rückenden und sich unmittelbar nach dem Abschuss des Tränengases wieder zurück ziehenden Polizisten.
Deutlich ist darauf zu erkennen, wie manche von ihnen die Granaten dabei nicht in Bogenform in die Höhe sondern gezielt in Kopfhöhe abfeuern.
Von der anderen Seite aus gehen Brandsätze nieder, fliegen qualmende Gaskartuschen zurück, man sieht einen der jungen Besetzer mit einer blutigen Platzwunde an der Stirn.
Der damalige Alltag auf dem Kubatdreieck aber spiegelt sich in den gezeigten Bildern und den sie kommentierenden Worten nur schemenhaft wieder.
Hoffnungen und Erwartungen, Utopien und Wünsche seiner Bewohnerinnen und Bewohner bleiben darin nur vage erahnbar.
Und jener spätere, auch im Film festgehaltene Mauersprung, die Flucht der verbliebenen Besetzerinnen und Besetzer am Tage der gewaltsamen Räumung des Kubatdreiecks über die Mauer hinweg in den damaligen Ostteil der Stadt fokussiert das Vergangene noch einmal auf jenen einen und spektakulären Moment.
Das Vorangegangene, jenes wundersame, nur für wenige Wochen währende Leben also dort indes tritt, aus der späteren Perspektive betrachtet, davor in den Hintergrund. . .
Manchmal, wenn auch selten nur, treffe ich auf der Straße zufällig einen der damaligen Protagonisten.
Ich sehe HG, der in seinem Rollstuhl die Kreuzung von Oranienstraße und Skalitzerstraße überquert und davon fährt. Ich begegne Flugblatt-Stefan, der vor mir an der Warschauer in die Straßenbahn steigt, ohne mich zu erkennen.
Oder Holzkamera-Christian, der es über die Jahre hinweg später sogar zu einer gewissen Berühmtheit bringen sollte. . .